Kürzlich traf ich in einem Webinar auf eine tolle junge Frau Ende zwanzig, die mit zwei weiteren ebenso tollen Frauen ein Unternehmen zur Förderung junger Mädchen in den Naturwissenschaften gegründet hatte. Im gesamten Workshop waren ca. 40 Teilnehmer*innen, davon 3 Männer. Die jungen Frauen kamen aus Mittel- und Zentralamerika und berichteten, dass Sie gerade auf dem Weg seien, um in Berlin vor 24 weißen männlichen Investoren und 3 Investorinnen ihren Pitch zu halten.
Sie fragten: „What do you think is to be expected?“ „Was glaubst du, worauf müssen wir vorbereitet sein?“ Die Reaktionen in den einzelnen Zoom-Kacheln waren eindeutig. Manche von uns schlugen sich die Hände vor den Mund, andere lachten, verdrehten die Augen, wieder andere riefen ein stillen „OH NO!“ andere hatten auch einfach nur Mitleid.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten mit Stress und Unwohlsein in Gesprächssituationen umzugehen. Wir Frauen haben unterschiedliche Verhaltensweisen entwickelt, die zum Tragen kommen, wenn wir uns in einer Situation befinden, die uns stark verunsichert.
Leider gibt es von diesen Situationen, viele unterschiedliche Varianten und daher ist es auch so wichtig für uns, dass wir uns mit unseren Möglichkeiten, die wir haben auseinander setzen.
Die meisten dieser teilweise „nur“ ungemütlichen, manchmal aber auch „bedrohlichen“
Situationen sind durch patriarchische Muster entstanden und tief in unserer Gesellschaft verwurzelt.
Wir haben durch Erfahrungen und Erziehung gelernt uns bestimmte Verhaltensweisen zuzulegen, mit denen wir diese Situationen bestmöglich überstehen, manchmal auch überleben können.
Das Adaptieren der Verhaltensweisen unserer vorangegangenen Generationen führt aber häufig zu einer noch stärkeren inneren Belastung, da diese Verhaltensweisen oft gar nicht mehr ins aktuelle Frauenbild passen. Denn auch unsere Eltern und deren Eltern wurden in die patriarchische Welt hinein erzogen und geben an uns weiter, was sie für richtig halten. Das kann mal mehr mal weniger feministisch geprägt sein.
Stell dir die folgende Situation vor:
Du kommst gerade von einem Termin. Du hast eine wichtige Präsentation gehalten, oder dich für eine Beförderung beworben. Du schließt die Tür hinter dir und denkst „Was war denn das schon wieder? Was war los mit mir? Ich klinge gar nicht wie ich selbst.“
WIE KLANGST DU?
Zu erkennen, dass wir unsere Stimme verstellen ist die eine Sache. Aber ich denke es ist mindestens ebenso wichtig die auslösenden Gründe zu kennen.
An diesem Punkt müssen wir einen kleinen Schlenker in das Thema „das Frauenbild in der Gesellschaft“ machen.
In unserer Gesellschaft können Frauen alles sein. Daraus entsteht aber auch die Anspruchshaltung als stille Forderung, dass sie alles sein müssen. Die Politologin Katharina Debus gibt diesen Ansprüchen der Gesellschaft an Frauen eine passende Bezeichnung.
Sie spricht von der Allzuständigkeit der Frauen.
Eine Frau kümmert sich und ist fürsorglich, sie schafft ein gemütliches Heim, sie übernimmt die unsichtbaren Arbeiten, wie Haushalt und Care-Arbeit usw. Frauen sollen aber auch erfolgreich sein, die Chancen ergreifen, durchsetzungsfähig sein, aber bitte ohne zu „vermännlichen“ oder ihre Familie und Beziehung hinten anzustellen.
Diesem allumfassenden Anspruch zu entsprechen ist natürlich unmöglich. Diese Anspruchshaltung jedoch zu spüren ist unser täglich Brot.
Und es geht ja noch weiter mit den Ansprüchen, denn wir bekommen auch das Feedback, wenn wir aus unseren zugewiesen und endlosen Rollen fallen. Oft ungefragt, wird dann nicht unbedingt der Inhalt des Gesagten kritisiert, sondern Dinge, die mit dem Inhalt nichts zu tun haben. Ob das eine Kritik am Kleidungsstil, an der Frisur oder eben an der Lautstärke ist. (Ich möchte hier noch einmal ganz explizit erwähnen, dass dieses Verhalten auf alle Geschlechter übertragbar ist. Frauen unterliegen auch den misogynen Narrativen unserer Gesellschaft.)
Laut sprechenden Frauen wird zum Beispiel oft nachgesagt, sie seien „etwas zu forsch“. Laut sprechende Frauen nehmen also Raum ein. Einen Raum der Ihnen nur ungerne zugesprochen wird.
Quelle: 1 Debus, Katharina: Und die Mädchen? Modernisierungen von Weiblickeitsanforderungen. In: Dissens e.V./ Katharina Debus/Klaus Schwerma/Olaf Stuve (Hrsg.): GeschlechterreflekJerte Arbeit mit Jungen an der Schule. Texte zur Pädagogik und Fortbildung rund um Jungen, Geschlecht und Bildung. Berlin: Dissens e. V. 2012
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